USS Galathea: Interview mit dem Captain


Morten Brandovold: Captain Solowyov, könnten Sie uns einige Einblicke in die kulturellen Herausforderungen und diplomatischen Angelegenheiten geben, denen Sie und Ihre Crew in Oktens Wiege begegnet sind?

 

 

 

 

Aleksander Solowyov: Hallo Herr Brandvold, zuerst einmal möchte ich sagen, dass ich mich freue, dass wir dieses Interview führen können. Naturgemäß ist die Berichterstattung zum aktuellen Zeitpunkt sehr fokussiert und dieses Interview bietet Gelegenheit, auch einmal über andere Angelegenheiten zu sprechen. Insofern ist Oktens Wiege auch ein spannendes Thema. Zur Einordnung möchte ich erst einmal daran erinnern, dass jener Sternhaufen nicht nur die Heimat der Tzenkethi Koalition ist, sondern auch im Interessengebiet verschiedener Machtgruppen liegt – darunter natürlich auch die Breen Konförderation, die Ferengi Allianz, die Cardassianische Union und die Talarianische Republik. Des weiteren bestehen Verbindungen zu weiteren Mächtegruppen, wie etwa der Tholianischen Versammlung oder dem Romulanischen Imperium. Zudem operieren verschiedene unabhängige Interessengruppen in diesem Gebiet – zur Verdeutlichung und Einordnung möchte ich zudem die sogenannten Badlands erwähnen, die vor einigen Jahrzehnten, die älteren Zuschauer werden sich noch erinnern, die Heimat der Marquis-Gruppierung war, die damals ebenfalls großes Medieninteresse auf sich zogen.
Viele der genannten Fraktionen haben ureigene Interessen, stehen teilweise in Konkurrenz oder Konflikt miteinander und zum Teil der Föderation auch kritisch gegenüber. In den sich stetig verändernden Gegebenheiten aus Bündnissen, Partikularinteressen und Konfliktpotential den Überblick zu behalten und auf Ereignisse passend zu reagieren, ist vermutlich die größte Herausforderung, denen sich das Team gegenüber sieht. Zumal wir derzeit auch, angesichts der Situation an der Grenze zum Klingonischen Reich, eine gewisser Unsicherheit verspüren, ob die Föderation gemachte Zusagen und geschlossene Verträge auch einhalten kann oder ob sich gar eine Änderung in der Außenpolitik der Föderation abzeichnen könnte.

 

MB: Welche bahnbrechenden Entdeckungen haben Sie gemacht, seit Sie in diesem bislang unerforschten Sektor unterwegs sind, und wie könnten sie das Verständnis der Föderation über das Universum erweitern?

AS: Ah! Nach einer eher politischen Frage haben sie hier gleich eines meiner Lieblingsthemen erwischt *ein fröhliches und freundliches Lachen*. Daher ist es umso bedauerlich, dass ich noch nicht über alle bislang erreichten Forschungsergebnisse sprechen kann, da sich viele noch im Peer Review befinden oder der Verifikation durch ein weiteres Team harren.

Die Crew der Galathea konnte zum Beispiel Hinweisen auf eine untergegangene Kultur folgen und nicht nur Zeugnisse dieser alten Kultur, die den Sektor beeinflusste, bergen, sondern auch mehrere neue Spezies in die Datenbanken eintragen. Weiterhin hatte die Galathea auch die Ehre, den Erstkontakt mit einer Spezies herzustellen, die jüngst mit Warpantrieb operiert – naturgemäß sind solche Übergangsphasen immer schwierig und so ist es besonders erleichternd zu wissen, dass die Föderation den Arslenen Hilfe anbieten konnte, um auf die umfangreichen technologischen aber auch soziokulturellen Veränderungen auf ihrer Heimatwelt besser reagieren zu können.

Für astronomische Entdeckungen hingegen blieb leider bisher weniger Zeit, auch wenn die Galathea auch hier bislang sehr viele Daten sammeln konnte. Unter anderem auch über einen Mond, der sich zeitweise durch den Subraum bewegt – dies ist allerdings eine dieser Entdeckungen, die erst noch aufgearbeitet werden muss, bevor sie veröffentlicht werden kann. Ich freue mich bereits auf die Publikation durch die wissenschaftliche Abteilung an Bord.

MB: Oktens Wiege beherbergt eine Fülle von unterschiedlichen Lebensformen und Zivilisationen. Wie gehen Sie damit um, um sicherzustellen, dass die Präsenz der Föderation respektvoll und friedlich wahrgenommen wird?

AS: Durch Dialog. Tatsächlich reden wir mit allen Parteien, auf die wir treffen, mögen sie uns noch so fremdartig oder ungewöhnlich erscheinen. Dabei respektieren wir die vorherrschenden Gebräuche und treten den Spezies stets auf Augenhöhe entgegen. Kolonialismus ist der Sternenflotten wie der Föderation fremd – und dies versuchen wir auch stets zu zeigen.

Bevor sie aber fragen: Nein, natürlich ist dies nicht immer einfach. So verfügt die Galathea in vielen Situationen natürlich über einen technologischen Vorteil und manchmal ist es schwierig, da alleine unsere bloße Anwesenheit als Bedrohung gesehen werden kann. Schnell können solche Situationen auch zu Gewalt führen – und leider musste die USS Galathea ihre Bordwaffen auch bereits verwenden. Dies uns zur Verfügung stehende Mittel wenden wir, als Führungsoffiziere, jedoch niemals leichtfertig an. Allerdings kommt es vor, dass es notwendig ist, die Crew und das Schiff zu beschützen – wie zum Beispiel bei einem Piratenangriff. Der ruhige und angemessene Umgang mit solchen Erlebnissen sorgt innerhalb des Sektors aber auch für einen gewissen Ruf: Wir sind wehrhaft, aber nicht aggressiv.

Wir werden sehen müssen, ob dieses Vorgehen auch in Zukunft trägt.

MB: Welche Rolle spielt Ihre Diplomatie-Abteilung bei der Mission in Oktens Wiege, und wie bereitet sich Ihr Team auf Verhandlungen mit den verschiedenen Zivilisationen vor?

AS: Tatsächlich fängt es damit an, dass wir an Bord gar keine dedizierte, abgeschottete Diplomatie-Abteilung haben. Diplomatie findet nicht nur am Konferenztisch statt und so haben meine Führungsoffiziere und ich beschlossen, dass wir diese Aufgabe von Anfang an in die Hände aller Abteilungen legen wollen. Die Verantwortung fällt hierbei natürlich vor allem den Offizieren zu, aber auch innerhalb der Mannschaftsdienstgrade finden entsprechende Schulungen und Sensibilitätstrainings statt.

Die Abteilungen sind damit natürlich aber nicht allein gelassen – wir haben eine Fülle von Spezialisten an Bord, die mögliche diplomatische Begegnungen bereits im Vorfeld bewerten, die besten Verhaltensweisen identifizieren und Reaktionen optimieren. So fangen die Spezialisten der Kommunikationsabteilung zum Beispiel öffentliche Sendungen auf, um kulturelle Eigenheiten, Trends und den ‘Zeitgeist’ zu erfassen. Historiker und Archäologen in der wissenschaftlichen Abteilung helfen uns dabei, unsere Gesprächspartner besser zu verstehen, indem sie erforschen, woher bestimmte Verhaltensweisen oder Ansichten kommen, während Sozialwissenschaftler und Ethnologen die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen analysieren. Die Sicherheitsabteilung trainiert regelmäßig den Umgang mit unbekannten Situationen und viele Mitglieder dieser Abteilung können auch während eines Balls den Eindruck erwecken, nicht nur Wache zu stehen – und ja, das war ein kleiner Seitenhieb, den meine Offiziere sicher mit Humor nehmen werden. Hier könnte ich jetzt mit jeder beliebigen Abteilung weitermachen, aber ich denke, es ist bereits klar, worauf ich hinaus möchte.

Insofern sind auch umfangreiche Briefings, Übungen und soziale Veranstaltungen an Bord, um das Miteinander verschiedener Kulturen zu fördern, fester Bestandteil des Bodenlebens.

MB: Können Sie uns von einem besonders herausfordernden Moment oder einer kritischen Situation erzählen, die Ihre Crew während dieser Mission bewältigen musste?

AS: Es gab sicherlich die ein oder andere Situation, die für die Crew nicht ganz einfach war – aber besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Situation auf Arslene, kurz nachdem wir Kontakt aufgenommen hatten. Dazu muss man einerseits wissen, dass die Arslenen trotz ihrer technologischen Fortschritte noch keine einheitliche Regierung gebildet haben und dass wir nicht die einzigen waren, die Kontakt mit der Zivilisation der Arslenen aufgenommen hatten, wobei die regierenden Parteien auf dem Planeten unterschiedliche Ziele und Bündnisse verfolgten. Im Zuge dieser Ereignisse kam es zu einem schrecklichen Unfall mit einem Materie/Antimaterie-Reaktor auf der Oberfläche des Planeten. Eine Tragödie, die eine große Unsicherheit auf dem Planeten auslöste, weswegen die Präsidentin einer der Regierungen es für geboten hielt, meine Person und die Delegation, die mich gerade auf Staatsbesuch begleitete, temporär gefangen zu nehmen. Ein solches Ereignis hätte leicht zu einer Eskalation führen können, jedoch agierte die Crew auch in meiner kurzfristigen Abwesenheit sehr ruhig und bedacht. Am Ende konnte diese Situation ohne weitere Todesfälle aufgelöst werden und wir konnten den Nationen auf Arslene unsere Hilfe bei der Bewältigung dieser Tragödie anbieten.

MB: Wie beeinflusst die Vielfalt Ihrer Crew die Art und Weise, wie Sie auf unbekannte Lebensformen und Kulturen reagieren?

AS: Positiv. Die Galathea ist ein großes Schiff und dementsprechend groß ist auch die Zahl der Kulturen und Spezies an Bord. Und obwohl die Galathea als Schiff der Sovereign-Klasse so groß ist, ist sie doch nur ein Raumschiff in den Weiten des Alls – was allen an Bord letzten Endes doch Bescheidenheit und Kompromissfähigkeit abverlangt.

An dieser Stelle möchte ich aber auch besonders hervorheben, dass die USS Galathea über einige Austauschoffiziere aus Nicht-Föderationsstaaten verfügt, deren ganz eigene Perspektive sich in der Vergangenheit ebenfalls als sehr wertvoll erwiesen hat. So durften wir zum Beispiel einen Offizier der Cardassianischen Union an Bord willkommen heißen, der seine Erfahrungen und sein umfangreiches Wissen sehr gut in die wissenschaftliche Abteilung einbringen kann – immerhin ist die Cardassianische Union, wie vorhin angemerkt, eine der Gruppen mit eigenen Interessen im Sektor. Hier einen kulturellen Berater an Bord zu haben ist hilfreich.

Auch pflegen wir an Bord eine Kultur des offenen Austausch. Ich freue mich zum Beispiel jeden Monat aufs neue auf den Kulturabend einer meiner Offiziere, die wechselseitig ihre eigene Kultur aus ihrem jeweils ganz eigenen Blickwinkel darstellen. Selbst die bekannten Völker der Föderation bieten noch so viel zu entdecken, dass diese Abende uns allen helfen, unseren Blick, aber auch unser Verständnis und unsere Offenheit zu schärfen.

MB: Welche technologischen Fortschritte oder Anpassungen an der USS Galathea haben sich als entscheidend erwiesen, um in den Tzenketh-Sektor vorzudringen?

AS: Sie werden lachen – das wichtigste Hilfsmittel ist vermutlich noch immer der Replikator. *Ein Schmunzeln* Er macht uns unabhängig und mit den Industriereplikatoren an Bord können wir verschiedene benötigte Bauteile und Gerätschaften herstellen.

Ein wenig traurig bin ich, dass wir die Helios III-Schilde, die dazu optimiert wurden, um so nahe wie nie zuvor an stark strahlende Objekte heranfliegen zu können, bisher noch nicht wirklich ausgereizt werden konnten. Dafür hat die fortschrittliche Hermes 5-Sensorphalanx mit ihren Echion- und Abderos-Paketen bereits einige spektakuläre Daten sammeln können.

Durch unsere selenische Austauschoffizierin an Bord, die umfangreiche Kenntnisse in der Programmierung autonomer Bordsysteme besitzt, konnten wir zudem die Leistung unser Forschungssonden entscheidend verbessern – dies ist insbesondere dann nützlich, wenn wir noch nicht gleich in Erscheinung treten wollen um Missverständnisse zu vermeiden oder um unbekannte Phänomene aus sicherer Entfernung zu erkunden.

Als unerlässlich für das Bordleben hat sich zudem ‘Galathea’, das Avatarprogramm des Bordprogramms, erwiesen. Galathea wurde mit zahlreichen Funktionen ausgestattet, um Zivilisten das Leben an Bord zu erleichtern – etwas, was sehr positiv aufgenommen wurde. Dies mindert nicht nur alltägliche Anfragen an die Schiffsführung, sondern stellt auch in solchen Fällen wie Kinderbetreuung oder Schulbildung eine enorme Erleichterung dar. Man kann sagen, dass Galathea das Zusammenleben an Bord harmonischer Macht und für ein entspannteres Bordklima sorgt.

MB: Gibt es bestimmte Gebiete oder Phänomene in Oktens Wiege, die besonders faszinierend oder geheimnisvoll sind und die Sie näher erforschen möchten?

AS: Ja.
Sie erwarten nun sicher, dass ich Ihnen einige aufzähle, oder? Wie viel Zeit haben wir in diesem Interview? *wieder ein angenehmes Lachen*

Tatsächlich gibt es viele Dinge, die unsere Aufmerksamkeit erhalten sollen. Primär dient unsere Mission aktuell natürlich der dauerhaften Kontaktaufnahme mit dem Volk der Tzenkethi und der Erforschung ihrer Kultur, um Probleme zu vermeiden – doch darüber hinaus bietet der Sektor sehr viele spannende Phänomene.

So erhoffen wir uns durch die Erforschung der inneren Gebiete der Wiege neue Erkenntnisse über die Entstehung von Nebenreihensterne sowie von exotischen Planeten. Auch wissen wir jetzt, dass es bereits vor mehreren tausend Jahren hochentwickeltes Leben rund um die Wiege gegeben haben muss. Bedenkt man, dass viele der dortigen Sonnensysteme vergleichsweise jung sind, müssen diese Spezies ganz anders gelebt haben, als jene, die sich in den älteren Sonnensystemen, die die meisten der bekannten Spezies beherbergen, entwickelt haben. Eine weitere Erforschung der Überreste solcher Kulturen könnte uns helfen, besser mit kosmologischen Ereignissen zurecht zu kommen.

MB: Wie halten Sie die Moral und die Zusammenarbeit Ihrer Crew aufrecht, während sie sich in einem so anspruchsvollen und unerforschten Gebiet des Weltraums befindet?

AS: Mein verstorbener Vater pflegte früher zu sagen: “Aleksander, du musst wissen, wann die richtige Zeit gekommen ist. Es gibt für alles die richtige Zeit: zum Feiern, zum Kämpfen, zum Lieben und zum Weinen.”

So einfach das auch klingt – im Kern ist es ein guter Grundsatz. Zum einen haben wir gelernt unsere Erfolge zu feiern, aber auch Fehlschläge zu betrauern – und zum anderen höre ich der Crew zu. So sind mir die wöchentliche Frühstücke mit jeweils einem anderen Offizier meiner Besatzung ebenso wichtig, wie der ‘Sprich-den-Captain’-Tag – übrigens einer Idee meiner Ersten Offizierin – oder die Teilnahme an soziokulturellen Veranstaltungen an Bord. Auch die kulturellen Abende, die durch meine Offiziere organisiert werden, wurden ja schon angesprochen.

All diese Dinge helfen uns allen, uns als Gemeinschaft an Bord zu begreifen und gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch meine psychologische Abteilung erwähnen. Unter der Leitung von Lieutenant Winterbottom kümmert sie sich nicht nur aufopferungsvoll um das seelische Wohl aller an Bord – ihre Mitglieder sind auch exzellente Ratgeber in vielen Lebenslagen.

Und dann sind da natürlich auch noch die einfallsreichen Köpfe an Bord. Ich hörte zum Beispiel jüngst, dass eine der Holokabinen als eine regelmäßig verfügbare Sauna eingerichtet wurde, die der Entspannung und als informeller Treffpunkt dient.

MB: Welche langfristigen Ziele und Hoffnungen haben Sie für die Mission der USS Galathea in Oktens Wiege und für die Beziehungen zu den dortigen Zivilisationen?

AS: In diesen Zeiten kann ich nicht anders, als auf die Charta der Sternenflotte zu verweisen, in der wir uns dem friedlichen intergalaktischen Zusammenleben und dem Verständnis zwischen allen bekannten Völkern und Spezies verpflichtet fühlen. Gerade da an anderer Stelle des Universums derzeit Krieg herrscht – möge er alsbald friedlich beigelegt werden können – ist es meiner Crew und mir besonders wichtig, einen Flächenbrand zu verhindern – jedenfalls soweit dies in unserem Einflussbereich liegt. Ich hoffe, dass wir dazu beitragen können, bestehende Sorgen und vorhandenes Misstrauen auszuräumen und vielleicht sogar eine langfristige Allianz mit der Tzenkethi Koalition vorzubereiten. Auf jeden Fall aber soll unsere Präsenz im Sektor für mehr Stabilität in diesem sorgen – und wenn wir es dabei noch schaffen, bahnbrechende Entdeckungen zu machen, umso besser. Denn in unserem Herzen sind wir ja vor allem eines: friedliebende Forscher.

MB: Sehr passende Schlußworte. Damit möchte ich mich herzlich bei ihnen für dieses aufschlussreiche Interview bedanken und wir wünschen ihnen und ihrer Crew weiterhin gutes Gelingen bei ihren vielfältigen Aufgaben.

AS: Ich bedanke mich. Auch im Namen meiner Crew für dieses angenehme Interview.

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